Joseph Victor von Scheffel an Anton von Werner (Sa, 21.11.1868)
Bilder
Informationen
Personen
- Sender: Joseph Victor von Scheffel (Do, 16.02.1826 - Fr, 09.04.1886) - 42 Jahre
- Empfänger: Anton von Werner (Di, 09.05.1843 - Mo, 04.01.1915) - 25 Jahre, Rom








































Typ
Brief
Datum
Kategorie
Privat
Medium
Handschriftlich
Schlagwort
- Accademia (Venedig)
Antico Caffè Greco
- Bergpsalmen
- Bologna
- Bonz, Adolf Carl (oder Ludwig Adolf)
- Bozen
- Ekkehard
- Florenz
- Geislinger Steige
- Kopie (Kunst)
- Kotsch, Theodor
Modell (Kunst)
- München
- Padua
Petersdom
Petrus von Verona
Pius IX.
Reisebericht
- Rom
- San Zanipolo
- Santa Maria Assunta (Venedig, Cannaregio)
Santa Maria Gloriosa dei Frari
Scheffel, Joseph Victor
- Scheffel, Philipp Jakob (1789-1869)
- Stetten, E. von
- Tizian
- Venedig
- Verona
- Via Felice 123 (Rom, heute ein Teil der Via Sistina)
- Villa VI in Potsdam
Werner, Anton Alexander von
Willers, Ernst
- Wohnadresse
Zusammenfassung
Kurze Beschreibung seiner Reise nach Rom und seiner ersten Eindrücke von der Stadt
Abschrift
Rom, den 21. November 1868.
Bester Freund!
Da bin ich endlich in Rom angekommen, habe schon den Papst gesehen, einer Zeremonie in St. Peter beigewohnt und Atelier und Wohnung in der auch Dir bekannten Kaserne Via Felice 123, wo zu Deiner Zeit, glaube ich, Willers sein Atelier hatte, gefunden. Eben lasse ich mir Holz bringen, denn trotz heiteren Wetters ist es abscheulich kalt, und in Florenz habe ich im Bett so gefroren wie noch nie in Deutschland. Meine Reise von München aus ist übrigens, einige Touren im Postwagen, durch Strecken, die noch überschwemmt waren, abgerechnet, gut gegangen. Ich habe mich in Bozen, Verona, Padua, Venedig, Bologna und Florenz aufgehalten, freilich nicht lange, doch aber so, um einen allgemeinen Eindruck von jeder Stadt einzunehmen. In Venedig hatte ich zwei Tage schönes Wetter, in Florenz mittelmäßig, sonst war es durchgehends kalt und regnete fast unaufhörlich. Dies ungünstige Wetter zwang mich auch, auf die Fahrt nach Riva und über den Gardasee zu verzichten. Bekannte und Kollegen habe ich hier schon genug gefunden, meine Besuche denke ich erst nächste Woche zu machen, wenn ich etwas zur Ruhe gekommen sein werde. In der Malerkaserne sind mit mir noch sechs andre deutsche Maler, teils Nord- deutsche, teils Münchner, und ich habe mich rascher hier heimisch gefunden, als es bei meiner Ankunft in Paris der Fall war; ich hoffe Günstiges davon für meine Arbeiten.
In Deutschland soll unterdes der Winter rauh eingerückt sein, und ich war froh, Deutschland schon hinter mir zu haben, als ich die Nachricht von dem Eisenbahnunglück auf der Geislinger Steige erfuhr.
Vielleicht hast Du von Bonz jetzt schon Nachricht über die Ankunft der Bergpsalmenzeichnungen und seine Intentionen für die Form der Herausgabe; ich bitte Dich, in diesem Falle mir davon mitzuteilen, und wenn Du an ihn schreibst, ihm als meine sicherste Adresse Café Greco, Via Condotti, anzugeben, wohin ich alle Briefe zu adressieren bitte.
Venedig hat mir — was seine koloristischen Kunstschätze betrifft — bedeutend imponiert und den Gedanken, dort einige Monate zuzubringen, wesentlich in mir verstärkt. Für das Original befindet sich jetzt in S. Giovanni e Paolo eine Kopie des Martyriums St. Petri von Tiziano, die allerdings, wohl gegen das Original gehalten, schwach sein wird, indessen immerhin eine Idee des Bildes gibt. Am gewaltigsten hat mich die Himmelfahrt Mariä in der Accademia di belle Arti gepackt, ich habe so lange davor gesessen, wie bis jetzt noch vor keinem andern Bilde. Es hängt übrigens auch in ziemlich gutem Lichte, so daß man es wirklich genießen kann, während das Martyrium S. Lorenzi in der Jesuitenkirche und die Madonna mit der Familie Pesaro, in den dunklen Kirchen und halb verdeckt durch die auf den Altären stehenden Blumen und Kerzen, fast nicht zu sehen sind.
Wie viel ich hier zum Malen kommen werde, weiß ich noch nicht. Ich habe mein Atelier auf sechs Monate genommen, alſo bis zum Mai, und in dieser Zeit werde ich vollauf mit meinen Zeichnungen beschäftigt sein, und da- zwischen nur etwas malen, vielleicht einige Studien und Kopien machen können. Doch davon später.
Herzliche Grüße an Deinen Papa, den Oberkollegen Kotsch und Herrn v. Stetten, die besten Dir, mit meinen innigsten Wünschen für einen für Deine Arbeiten erfolgreichen Winter.
Lebe wohl und sende mir bald Nachrichten aus der deutschen Heimat. In treuer Liebe und Freundschaft Dein
A. v. Werner.
Vollständig
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Zum Brief/Text
Ereignisse
1868: Wohnung in der Via Felice 123
Von Oktober 1868 bis November 1868: Reise nach Rom
Oktober 1868 - November 1868: Aufenthalt in Bozen
Oktober 1868: Aufenthalt in München
Oktober 1868 - November 1868: Aufenthalt in Verona
Oktober 1868 - November 1868: Aufenthalt in Padua
Oktober 1868 - November 1868: Aufenthalt in Venedig
Oktober 1868 - November 1868: Aufenthalt in Bologna
Oktober 1868 - November 1868: Aufenthalt in Florenz
Anlage
12.03.2025
Letzte Änderung
13.03.2025
Kunstwerke

Johann Carl Loth - Die Ermordung des heiligen Petrus (1691)2015: Johann Carl Loth creator QS:P170,Q670135 Didier Descouens, Interior of Santi Giovanni e Paolo (Venice) - Copy per, Johann Carl Loth of the martyrdom of St. Peter after Titian, CC BY-SA 4.0 Didier Descouens

Tizian - Martyrium des heiligen Laurentius (1558 ca.)2016: Titian artist QS:P170,Q47551 Didier Descouens, Interior of Chiesa dei Gesuiti (Venice) - left nave - The Martyrdom of St Lawrence - Titian, CC BY-SA 4.0 Didier Descouens

Tizian - Madonna der Familie Pesaro (1519-1526)2016: Titian artist QS:P170,Q47551 Didier Descouens, Frari (Venice) nave left - Altar of Madona di Ca'Pesaro, CC BY-SA 4.0 Didier Descouens